KRIEG IN DER UKRAINE – was nun?

24. Februar 2022 (ursprünglich veröffentlicht auf Niederländisch auf www.raadvankerken.nl)

Von Kees Nieuwerth (Stellvertretender Vorsitzender von Church and Peace und Vizepräsident des Nationalen Rates der Kirchen in den Niederlanden)

Geradezu schlechte Nachrichten heute Morgen!

Russland hat eine Invasion der Ukraine begonnen. Trotz aller Arten von diplomatischen Konsultationen, um dies zu verhindern. Es heißt nicht Krieg, weil es keine offizielle Kriegserklärung Russlands an die Ukraine gibt. Es ist also “nur” eine (militärische) Invasion. Eine, die viele (zivile) Opfer mit sich bringen kann. Krieg im Herzen Europas, das hielten wir für undenkbar. Die internationale Gemeinschaft wird dies daher auf das Schärfste verurteilen müssen.

Gleichzeitig müssen wir unser eigenes Haus in Ordnung bringen: Es ist auch eine Folge von mehr als dreißig Jahren gescheiterter Politik. Statt das Ende des „Kalten Krieges“ mit beiden Händen zu ergreifen und zu einer völlig anderen Sicherheitsarchitektur in Europa zu kommen, wurde die NATO immer weiter nach Osten erweitert. Russland fühlte sich bedroht. Aber – wie sich herausstellt – wenn Russland sich nicht sicher fühlt, sind wir auch nicht sicher.

Vergangene Woche wurde die Krise um die Ukraine auch im UN-Sicherheitsrat diskutiert. Ich möchte meinen großen Respekt für den afrikanischen Beitrag zur Diskussion über diese Krise dort zum Ausdruck bringen. Ghana, Gabun und vor allem Kenia wiesen auf die „koloniale“ Haltung Russlands gegenüber der Ukraine (und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken) und die Tendenz hin, die bestehenden Grenzen neu zu ziehen. Aus der afrikanischen Erfahrung wiesen sie darauf hin, dass auch sie nicht daran beteiligt waren, ihre (kolonialen) Grenzen zu ziehen, dass die Völker dadurch auf verschiedene Nationalstaaten aufgeteilt wurden, sondern dass sie verstanden hätten, dass das Ändern von Grenzen, geschweige denn das Führen eines Krieges zu diesem Zweck, nicht die Antwort auf diese Probleme ist, sondern gegenseitiger Respekt und internationale Zusammenarbeit! Weise Worte!

Auf neue Verhandlungen bestehen

Auf dieser Grundlage würde ich gerne Folgendes sehen:

  • Die UNO fordert einen sofortigen und umfassenden Waffenstillstand und Abzug der russischen Truppen und fordert eine Rückkehr an den Verhandlungstisch.
  • Die Vereinten Nationen initiieren dringend Friedensgespräche zwischen Russland, den USA, Kanada und der EU über die Anerkennung der Souveränität und der territorialen Grenzen aller in diesen Konflikt verwickelten UN-Mitgliedstaaten.
  • Aufnahme von Gesprächen innerhalb der NATO über ein Moratorium für die weitere Erweiterung des Bündnisses und damit Ernstnehmen der Unsicherheitsgefühle Russlands
  • Wenn sich die NATO (doch noch) für die „Skandinavisierung“ Ost- und Mitteleuropas entscheidet: weder NATO Truppen noch Atomwaffen in Ost- und Mitteleuropa
    Hinweis: Dies ist keine „Finnlandisierung“, sondern das Norwegische Modell: Weil das NATO-Mitglied Norwegen eines der wenigen Länder mit einer langen Landgrenze zu Russland war/ist, hat es sich immer geweigert, NATO-Truppen und/oder Atomwaffen auf norwegischem Territorium zuzulassen, um Russland nicht zu provozieren.
  • Auf der Grundlage der oben genannten vertrauensbildenden Maßnahmen wird Russland aufgefordert, sich aus Teilen anderer UN-Mitgliedstaaten wie Teilen Georgiens, Moldawiens und der Ukraine zurückzuziehen.
    Wiederaufnahme breiter Abrüstungsgespräche unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen zwischen der NATO und Russland (plus China?)
  • Modernisierung des NATO-Russlandrates, der in enger Zusammenarbeit mit der OSZE und dem Europarat in einer europaweiten Sicherheitsarchitektur (einschließlich Russland) gipfelt. Eine gemeinsame umfassende Sicherheitspolitik auf der Grundlage der Schlussakte von Helsinki.
    Hinweis: Das ist immer noch die verpasste Chance des damaligen deutschen Außenministers Genscher aus den 80er-90er Jahren, die NATO und den Warschauer Pakt zusammenzubringen.
  • Diese Diskussionen sollten daher nicht nur auf die Deeskalation dieses bewaffneten Konflikts im Besonderen abzielen, sondern letztlich auf die Entmilitarisierung Europas im Allgemeinen.
  • Auf der Grundlage der oben genannten Entwicklungen eine weitreichende Änderung des Ausgabenverhaltens der betroffenen Länder von militärischen zu zivilen Zwecken aller betroffenen UN-Mitgliedstaaten.
  • Intensivierung der internationalen Zusammenarbeit, um gemeinsam den Herausforderungen unseres Jahrhunderts, insbesondere dem Klimawandel und der Energiewende, zu begegnen.